Wie sieht dieser Spagat eigentlich aus, den viele Familien vollziehen? Die meisten Familien sind sogenannte Doppelverdienerfamilien. Es ist längst schon so, dass das Einkommen eines Elternteiles nicht mehr ausreicht, um die Lebenserhaltungskosten einer Familie mit Kind oder mehreren Kindern zu kompensieren. Dies bedeutet, dass es im Grunde nur für sehr wenige Mütter, manchmal Väter, die postulierte Entscheidungsfreiheit gibt, ob sie arbeiten oder sich in den jungen Jahren ihrer Kinder ausschließlich der Familie widmen wollen. Tatsächlich sind über 90% der Familien, deren Kinder in Betreuung sind, Doppelverdiener.

Beobachtungen

Das Land Kärnten hat in den vergangenen Jahren auch mit Hilfe des Bundes große Summen in die Errichtung von Kinderbildungs- und Betreuungsplätzen investiert und parallel dazu das Kinderstipendium in Richtung kostenlose Kinderbetreuung im Elementarbereich auf den Weg gebracht.

Zwei Phänomene machen sich bemerkbar. Erstens wurde vor einigen Jahren das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld wieder eingeführt, welches sich am letzten Einkommen der Mutter bemisst und nach der Karenz von maximal 12 Monaten sehr oft in Anspruch genommen wird. Dies führt dazu, dass die Kinder in den Kindertagesstätten bereits mit der Vollendung des ersten Lebensjahres aufgenommen werden.

Zweitens nehmen junge Eltern sehr gerne die Möglichkeit einer Bildungskarenz im Anschluss an bzw. innerhalb der ersten 12 Monate nach der Karenz wahr. Dies ermöglicht vor allem Frauen eine Höherqualifizierung vor dem Wiedereinstieg. Auch hier unterstützt das Arbeitsmarkservice maßgeblich.

Kindertagesstätte: der erste außerfamiliäre Kontakt

In der Regel suchen die Eltern den Betreuungsplatz schon gegen Ende der Schwangerschaft, spätestens jedoch nach der Geburt des Kindes aus. Hier sollte man auf sein Gefühl vertrauen und so viele Informationen wie möglich einholen. Spätestens mit dem zweiten, oft auch mit dem ersten Lebensjahr werden Kinder in die Obhut von anderen Institutionen zugunsten der Berufstätigkeit der Eltern gegeben. Außerfamiliär stehen Tagesmütter oder Kindertagesstätten als Betreuungsangebot zur Verfügung. Eine Tagesmutter kann maximal 6 Kinder unterschiedlichen Alters betreuen. Der Vorteil ist das familiäre, kleine Betreuungsangebot welches oft, außer bei Betriebstagesmüttern im privaten Heim der Tagesmütter stattfindet. Der Nachteil ergibt sich aus der Tatsache, dass im Krankheitsfall der Tagesmutter auch das Betreuungsangebot nicht vorhanden ist, die Familie braucht für so einen Fall ein backup. Leider sind die Großeltern oft keine Ressource, da sie selbst noch berufstätig sind.

Ein Platz in einer Kindertagesstätte bietet hier mehr Sicherheit. Viele Kitas sind darüber hinaus ganzjährig geöffnet, sodass man als Familie auch bezüglich der Urlaubsplanung sehr flexibel sein kann.

Wichtig zu wissen ist, dass sich die Familie für die Eingewöhnung mindestens zwei Monate Zeit nehmen sollte. Da die Kinder in der ersten außerfamiliären, institutionellen Betreuung sehr viele Infekte aufschnappen und die Eingewöhnung dadurch oftmals unterbrochen werden könnte, ist es ratsam dementsprechend Puffer einzubauen. Dies ist auch im Hinblick auf die sehr eingeschränkten Pflegeurlaubsregelungen (max. 2 Wochen) im Berufsalltag ratsam. Leider ist das österreichische Arbeitsrecht nach wie vor starr und realitätsfremd geregelt. Mit dem zusätzlichen Druck der Arbeitgeber*innen haben Kleinkinder nicht immer die Möglichkeit sich ordentlich auszukurieren. Dies wird an dieser Stelle ausdrücklich bemängelt.

Kindergarten: eine neue Herausforderung

Auch hier, wenn die Eltern einen Platz ergattert haben, gilt es fragen, fragen, fragen. Gut geführte Kindergärten sehen für neue Kinder wiederum eine mindestens einwöchige Eingewöhnung vor. Was nach wie vor in Kindergärten ein Problem darstellt, ist der Betreuungsschlüssel. Pro Gruppe von 25 Kindern stehen ein*e Elementarpädagog*in und ein*e Assistent*in zur Verfügung. Dies bedeutet, dass die individuelle Förderung und Betreuung der Kinder in den Hintergrund rücken muss. Der Tagesablauf ist stark strukturiert, da die Pädagog*innen einen enorm umfangreichen Bildungsauftrag bis hin zur Schulvorbereitung zu erfüllen haben.

Auch hier ist das Land Kärnten Vorreiter und beginnt in den kommenden Jahren mit der sukzessiven Reduktion der Gruppengrößen, um die Kinder und die Pädagog*innen zu entlasten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dies könnte zunächst zu einer Verknappung von Betreuungsplätzen führen, daher ist es umso wichtiger, die Kinder rechtzeitig anzumelden.

Es empfiehlt sich außerdem, die Wahl des Kindergartens von der späteren Schulwahl abhängig zu machen. Die Wohnortnähe sowohl von Kindergarten als auch Schule dient auch dem besseren Vernetzen betroffener Eltern. Hier kann man sich gegenseitig vor allem in den Ferienzeiten unter die Arme greifen. In die Kriterien für die Wahl der Volksschule sollte das nachmittägliche Betreuungsangebot für die Kinder unter die Lupe genommen werden, auch was die ferialen Schließzeiten betrifft.

Appell

Im letzten Jahrzehnt ist hinsichtlich der Betreuungsqualität, dem Ausbau der Kinderbetreuung und der Unterstützung von Familien viel Gutes passiert. Das Land Kärnten hat sich zur Aufgabe gemacht die kinderfreundlichste Region Europas zu werden und einiges tatkräftig und gut in diese Richtung bewegt. Hinsichtlich der Entlastung der Kosten für die Eltern mit Hilfe des Kinderstipendiums wurden positive Anreize für den weiteren institutionellen Bildungsverlauf von Kindern geschaffen. Ausständig sind noch die Absicherung der Frauen, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen inklusive Einkommen der Arbeitnehmer*innen und die Verbesserung der Rahmenbedingungen, in welchen sich die Bildung und Betreuung der Kinder abspielt.

Die Politik ist nach wie vor gefragt, denn Altersarmut ist hauptsächlich weiblich, geschuldet dem 40- jährigen Pensionsdurchrechnungszeitraum und der mangelnden Abgeltung der Familienarbeit, welche noch hauptsächlich von Frauen abgedeckt wird. Dies schlägt sich in Teilzeitbeschäftigungen und Karenzzeiten nieder und mindert somit die Höhe des künftigen Pensionsanspruches drastisch. Früher wurden die 15 bestentlohnten Versicherungsjahre für die durchschnittliche Berechnung der Pensionshöhe herangezogen, dies sollte wieder eingeführt werden.

Frauen müssen vielleicht noch mehr als bisher für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in frauendominierten Berufen, wie Kinderbetreuung, Pflege und Handel solidarisch einstehen. Nicht zuletzt die Coronakrise hat aufgezeigt, wie wichtig die Frau insgesamt für das Funktionieren der Gesellschaft ist und wie systemrelevant gerade frauendominierte Berufe sind. Gewürdigt, angemessen abgegolten wurde und wird das nicht, geschweige denn die Bedingungen verbessert.

Über die Autorin

Cornelia Blaas wurde 1975 in Klagenfurt geboren und als Tochter einer alleinerziehenden, berufstätigen Mutter aufgezogen. Nach der Matura erfolgte die Studienzeit für Wirtschaftspsychologie in Wien. Neben dem Studium arbeitete sie in einem Konzern in der Abteilung External Relations. Mit 27 Jahren gebar sie ihren ersten und einzigen Sohn und entschloss sich nach Kärnten zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Als ebenfalls alleinerziehende Mutter hatte sie das Glück ihre berufliche Heimat in der damals noch sehr kleinen „Kindernest“ gem. GmbH zu finden. Sie arbeitete 2003 zunächst in Teilzeit und ab 2004 bis heute stets Vollzeit und hatte das Glück an der Quelle einer zuverlässigen Kinderbetreuung zu sein. Parallel zum beruflichen Werdegang, welcher letztendlich 2014 in der Geschäftsführung mündete, absolvierte Blaas ein Wirtschaftsstudium 2009 und ist Systemischer Coach seit 2012 sowie NLP Master seit 2019. Sie ist als Arbeits- und Organisationspsychologin tätig und unterrichtet seit vielen Jahren am Institut für Bildung und Beratung in Führungskräftelehrgängen für angehende LeiterInnen in Kindertagesstätten.

Die Kindernest GmbH:

Die „Kindernest“ gem. GmbH in Kärnten entstand aus einer Initiative des Arbeitsmarktservice Kärnten zunächst über den Verein „Kindernest“ im Jahr 1993. Heute betreibt sie in zahlreichen Kärntner Gemeinden Kindertagesstätten, Kindergärten, Kinderhorte und schulische Tagesbetreuungen. Die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen richten sich stark nach den Bedürfnissen der Familien. Insgesamt sind an etwa hundert Standorten 420 MitarbeiterInnen, welche ca. 4000 Kinder täglich und ganzjährig betreuen und in ihrer Entwicklung begleiten, beschäftigt.