Achtsamkeit in der Führung: Nachhaltig Beziehungen gestalten.

In einer Welt, die von ständigen Veränderungen und wachsender Komplexität geprägt ist, wird Achtsamkeit zu einer unverzichtbaren Schlüsselkompetenz. Heutige Führung findet in einem Umfeld statt, in dem alle Beteiligten zunehmend als gleichwertige Partner agieren. Mitarbeitende werden immer mehr als Mitgestalter und Mitunternehmer angesehen, was ein neues Rollenverständnis in der Zusammenarbeit mit sich bringt. Auch die Ansprüche haben sich gewandelt, so erwarten heute sowohl die Generation Z als auch die Babyboomer von ihren Vorgesetzten, dass sie menschlich agieren und ihnen mit Wertschätzung, Ehrlichkeit und Fairness begegnen. Diese Erwartungen zeigen, wie wichtig Authentizität und respektvolle Beziehungen sind – Werte, die in vielen Organisationen noch nicht immer ausreichend gelebt werden.

Achtsamkeit als wertvolle Ressource

Achtsamkeit, oder „Mindfulness“ ist die bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments, ohne diesen zu bewerten oder zu verändern. Die Praxis hat ihren Ursprung im Buddhismus vor rund 2500 Jahren und fand Ende der 1970er Jahre ihre weitreichende Etablierung in der westlichen Medizin und Psychotherapie. Zahlreiche wissenschaftliche Studien und Metaanalysen belegen die positiven Auswirkungen der Achtsamkeit auf das psychische und körperliche Wohlbefinden, insbesondere bei Stress und chronischen Schmerzen, aber auch auf die Konzentration und emotionale Intelligenz.
Achtsame Führung basiert auf der meditativen Übungspraxis, die Aufmerksamkeit gezielt auf den gegenwärtigen Moment auszurichten und sich der inneren und äußeren Gegebenheiten bewusst zu sein – in einer wohlwollend akzeptierenden, neugierig offenen und nicht urteilenden Haltung. Achtsamkeit geht dabei über das passive Wahrnehmen hinaus, denn es fördert auch die aktive Regulation der eigenen Gedanken, Emotionen und Reaktionen (Kabat-Zinn, 2013). Diese Führung ist Ziel und Weg zugleich und beginnt bei einem selbst. Für das Vertiefen der Achtsamkeitspraxis ist es entscheidend, sich dafür regelmäßig Zeit zu nehmen und einen Ort der Stille aufzusuchen, sei es durch ein tägliches Ritual im eigenen Zuhause, in der Natur oder in einem Kloster.

Vorteile der achtsamen Führung

Achtsame Führung bietet zahlreiche Vorteile, die sowohl die persönliche Entwicklung als auch das Arbeitsumfeld positiv beeinflussen: Achtsamkeit hilft, die emotionalen Reaktionen besser zu steuern und impulsives Handeln zu vermeiden sowie reflektiertere Entscheidungen zu treffen. Achtsame Führung fördert ein klares Verständnis der eigenen Motivationen und Werte und hilft, sich von Vorurteilen und emotionalen Verstrickungen zu lösen. In einem solchen Umfeld fühlen sich Mitarbeitende ermutigt, neue Ideen und kreative Lösungen einzubringen. Durch ein geschärftes Bewusstsein für die eigenen und fremden Emotionen können Führungskräfte besser auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen und Konflikte frühzeitig erkennen, denn Mindfulness stärkt das Selbstmitgefühl und die Empathiefähigkeit. Techniken wie Atemübungen und Meditation tragen zur Stressbewältigung bei und sind vielfach wissenschaftlich belegt (Narbeshuber/Narbeshuber, 2019; Singer, n.d.).
Durch das Bewusstwerden der eigenen Werte und Bedürfnisse entsteht Klarheit, die in Kombination mit Empathie zu einer glaubwürdigen Kommunikation führt. Dies ermöglicht, den Menschen in seiner Ganzheit wahrzunehmen, zu verstehen und anzunehmen (Schrör, 2021). Dadurch tragen achtsame Führungskräfte zu einer respektvollen und offenen Arbeitsumgebung bei, die von Vertrauen und Wertschätzung geprägt ist.

Megatrend oder Wettbewerbsvorteil?

Achtsamkeit in der Führung ist für mich weit mehr als nur ein Trend – sie ist eine essenzielle Kompetenz für nachhaltigen Erfolg. Unternehmen, die eine Kultur der Achtsamkeit fördern, erleben engagiertere und zufriedenere Mitarbeitende, geringere Krankenstände und eine höhere Innovationskraft. Besonders beeindruckend finde ich, wie die Hotelkette Upstalsboom seit Jahren Achtsamkeit erfolgreich in ihre Unternehmensstrategie integriert hat. Dies hat nicht nur zu einer Steigerung der Bewerbungen und Weiterempfehlungen von Gästen geführt, sondern auch zu einem spürbaren Umsatzwachstum.
Ebenso inspirierend sind die Unternehmen SAP, Google oder Bosch, sie gehen weit über traditionelle Schulungsformen hinaus und nutzen moderne, digitale Methoden, um die Achtsamkeit im Arbeitsalltag zu verankern. Ein Beispiel ist auch das „Working Out Loud“ Mindfulness Training von Bosch mit eigener Achtsamkeits-App, die auch mir persönlich hilft, Achtsamkeit unabhängig von Ort und Zeit in meinen Alltag zu integrieren. Achtsamkeit in einem unternehmerischen Kontext zu verankern bedeutet den Mut zu haben, nicht nur in das Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden zu investieren, sondern auch in die langfristige Widerstandsfähigkeit und das Wachstum des Unternehmens. Was wäre, wenn diese positiven Ansätze in den Unternehmen breit umgesetzt werden könnten?

Über die Autorin

Heidemarie Schrei, MSc leitet das Projekt Best Employer Destination in der Tourismusregion Millstätter See – Bad Kleinkirchheim – Nockberge. Ihre berufliche Laufbahn begann sie im Jahr 1996 im Hotel Rogner Bad Blumau. Es folgen über 20 Jahre in leitenden Positionen in der österreichischen Hotellerie. Zusätzlich war sie als Trainerin und Beraterin in Österreich, Südtirol und Süddeutschland tätig. Sie hat ein Masterstudium in „Business Management mit Schwerpunkt Human Resource Management“ an der MOT der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt absolviert sowie eine Ausbildung zur Diplomierten Mentaltrainerin und Corporate Happiness® Kultur-Botschafterin.

Literatur

Kabat-Zinn, J. (2013). Gesund durch Meditation. München: Droemer Knaur Verlag
Narbeshuber, E., Narbeshuber, J. (2019). Mindful Leader. München: O. W. Barth Verlag
Schrör, T. (2021). Führungskompetenz achtsame Selbstführung. Wiesbaden: Springer Fachmedien
Singer, T. (n.d.). Das ReSource Project. URL: www.taniasinger.de