Diversity Management als Hebel für nachhaltige Veränderungen
Was in unserer Gesellschaft passiert, passiert auch in den Unternehmen. Es fehlt an Fachkräften. Ein Arbeitsumfeld, das aus Mobbing und Diskriminierung beherrscht wird, drängt Arbeitskräfte in den Krankenstand bis hin zur Kündigung. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet Unternehmen über deren ESG-Themen (Environmental, Social, Governance) zu berichten. Wie kann Diversity Management dabei unterstützen?
Diversity Management als strategischer Erfolgsfaktor
Diversity Management ist eine Strategie zur Förderung und Nutzung von Vielfalt in Unternehmen und Organisationen, hinsichtlich der Geschlechtsidentität, Alter, Religion, Herkunft, Behinderung uvm. Es zielt darauf ab, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem unterschiedliche Perspektiven, Hintergründe und Talente geschätzt werden. Dadurch werden Innovation, Produktivität und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert. Diskriminierung und Mobbing wird reduziert und Gleichstellung gefördert. Im Rahmen der ESG-Berichterstattung fokussiert sich Diversity Management auf die Bereiche Social (Gesellschaftliche Verantwortung und Arbeitsbedingungen) und Governance (Unternehmensführung und Transparenz), da die Unternehmen offenlegen müssen, welche Diversitätsstrategien, Maßnahmen zur Gleichstellung und zur Vermeidung von Diskriminierung sie setzten. Multinationale Unternehmen müssen verschiedene nationale Vorgaben berücksichtigen und gesellschaftliche Normen und Erwartungen an Diversität erschweren eine einheitliche Strategie. Wer bereits hier als Unternehmen die Potenziale für eine nachhaltige Veränderung erkennt und als Change Prozess versteht, verändert sich zu einem modernen und zeitgemäßen Unternehmen. Das ist kein Prozess, der sich von selbst ergibt, sondern laufend Begleitung und Evaluierung benötigt, um Veränderungsresistenz weitestgehend zu reduzieren.
Geschlechtergerechtigkeit als Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung
Das Thema Geschlecht bzw. Gender wollen viele nicht mehr hören. Das ist auch für mich nachvollziehbar. Frauenquoten wurden eingeführt, ohne diesen Veränderungsprozess in Unternehmen angemessen zu begleiten und zu reflektieren. Was Sinn macht, scheitert bereits beim Vorhaben. Nichtsdestotrotz ist es ein allgegenwärtiges Thema. Frauen sind heute am Arbeitsplatz noch immer von Diskriminierung betroffen. Angefangen von der Entgeltdiskriminierung, weniger Karrierechancen bis hin zum Thema Schwangerschaft und Betreuungsverpflichtungen. Wir schaffen uns eine kinderlose Gesellschaft, wo Frauen sich vermehrt gegen Kinder entscheiden. Dass die Geburtenrate sinkt, hat gesellschaftliche Konsequenzen: mehr ältere Menschen, weniger Schüler:innen, weniger Lehrlinge, weniger Studierende und Folge dessen auch weniger Fachkräfte. Wieso ist das so? Mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Diskriminierung am Arbeitsplatz und der gesellschaftliche Druck von traditionellen Rollenbildern, wie z.B. beim Thema Karenz. Dieses System wird unterstützt, weil kein Bewusstsein für die Konsequenzen vorhanden ist. Ein Beispiel: Eine Frau geht aufgrund der Geburt ihres Kindes einer anderen Tätigkeit nach (Babybetreuung und -versorgung), diese Zeit könnte mittels Mentoringprogramm oder Trainee-Programm überbrückt werden oder es gibt bereits eine geteilte Führung, im Sinne von Shared Leadership. Das sind nur ein paar unausgereifte Gedanken. Das Erste, was es jedoch brauchen würde, ist eine neue Haltung gegenüber Frauen und dem Thema Schwangerschaft.
Migration und Fachkräftemangel – Herausforderungen und Chancen
Qualifiziertes Personal fehlt, daher reagiert man auf den Fachkräftemangel mit dem Ansatz der Zuwanderung. Derzeit arbeiten vorwiegend Mitarbeitende mit Migrationshintergrund in der Reinigung, in der Produktion, in der Baubranche usw. unabhängig davon, welche Ausbildung sie besitzen. Wie und woher Menschen zu uns nach Österreich kommen, kann Spuren hinterlassen, wie z.B. Traumatisierung. Sprachbarrieren und Kulturunterschiede am Arbeitsplatz gilt es ebenso zu lösen. Ein weiteres Thema ist die Geschlechtsidentität. Viele Unternehmen wissen nicht, wie sie damit in der Lehrlingssuche umgehen sollen. Meine Schilderungen sind nur ein Abriss von Veränderungen durch die Gesellschaft, worauf Unternehmen jedoch entsprechend reagieren sollten, denn die Veränderung kann nur mit dem Menschen passieren.
Es gibt keine nachhaltige Veränderung ohne den Menschen.
Unternehmen benötigen Expert:innen mit einem ganzheitlichen Ansatz: ein wirtschaftliches Verständnis, die Kompetenz der psychosozialen Beratung und Wissen zu Diskriminierung und Diversität. Diversity Management ist der entscheidende Hebel für nachhaltige Veränderungen in Unternehmen. Es trägt nicht nur zur Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsstärke bei, sondern stärkt auch die Unternehmenskultur und die gesellschaftliche Verantwortung. Wer Diversität strategisch fördert, kann langfristig von den vielfältigen Potenzialen profitieren, auf gesellschaftliche Veränderung zeitgerecht reagieren und sich als attraktives sowie verantwortungsvolles Unternehmen positionieren.
Über die Autorin:
Yvonne Krivec, BA MA ist Trainerin und Unternehmensberaterin für Diversity Management. Ihr Fachwissen basiert auf einem Studium der Disability and Diversity Studies sowie einem Master in Sozialer Arbeit. Sie bringt umfangreiche Erfahrung aus verschiedenen
Diversity-Projekten mit, unterstützt Organisationen bei Gleichstellungsstrategien und
-richtlinien und begleitet Prozesse wie Gender Budgeting sowie Gewaltprävention. Ihr Fokus liegt auf nachhaltiger Chancengleichheit und inklusiven Strukturen in Unternehmen.