Digitalisierung ist schon fast ein Wort das man/frau entweder nicht mehr hören mag, weil es so selbstverständlich in das tägliche Leben der Unternehmer*innen eingezogen ist wie das Smartphone oder der Strom – von dem man erwartet, dass er aus der Steckdose kommt… und niemand freut sich ausdrücklich jedes Mal, wenn das Licht angeht.

Nichtsdestotrotz ist es aus meiner Sicht Wert auf diese Entwicklung einmal rückblickend zu schauen und zu reflektieren, was (uns) hier wirklich passiert ist und wie die Konsequenzen sich das Dasein von Unternehmer*innen und Manager*innen geändert hat und nicht zuletzt meine Erfahrungen zu teilen.

Wie alles bei uns begann: Digitalisierung bei G+P

Zuständig für den Bereich Finanzierung, Rechnungswesen und Controlling von fünf innovativen Unternehmen war der Bedarf sehr hoch, diese Prozesse neu zu denken und in der digitalen Welt abzubilden. Und der Fokus liegt auf „neu“ denken und nicht darauf, Prozesse wie sie in der analogen Welt laufen einfach in die digitale Welt zu übertragen. Letzteres ist zwar simpel aber kein richtiger Fortschritt bzw. keine richtige Innovation oder wie man oft hört: „Digitalsierung old style“.

Ausgangspunkt war, dass jedes Unternehmen alle Buchhaltungsbelege in Papier abgelegt hat, Belege in einem Excel Sheet erfasst und dann das Excel Sheet ausgedruckt hat (!), um dann den Ordner jedes Monatsende mit dem PKW – damals noch nicht Elektro –  zur Steuerberatung zu fahren. Dort wurden die Unterlagen dann in ein Buchhaltungssystem eingepflegt, die Auswertungen wurden uns per Mail geschickt, die wir wieder in unsere Controlling Systeme eingespielt haben … also Schnittstelle über Schnittstelle … alles sehr aufwändig und ineffizient. Meine damalige Büro Kollegin Marion Tschmelitsch – erfolgreiche Unternehmensberaterin und auch engagiertes BFC Mitglied – hat mit ihrer Begeisterung für das Thema Digitalisierung angesteckt, das sie vorwiegend in Steuerberatungskanzleien, mittlerweile aber auch in mittelständischen Unternehmen umgesetzt hat. Gemeinsam mit ihr haben wir den gesamten Accountingprozess von allen 5 Unternehmen neu gedacht und in der Software DATEV digitalisiert. Alle Vorbehalte der Unternehmen wurden in intensiven Meetings aus dem Weg geräumt und mit Hilfe einer sehr engagierten Accounting Mitarbeiterin erfolgreich umgesetzt. Dieser Prozess begann 2019 und läuft natürlich noch immer; die Digitalisierung des Accounting und die vorlagernden Prozesse wie Rechnungsprüfung, -freigabe sind abgeschlossen; die Schnittstelle zum Controlling der nächste Schritt.

Erkenntnisse aus den mittlerweile 3 Jahren:

  • Digitalisierung ist mehr als ein Programm zu kaufen. Es ist ein Mindset, in dem es heißt, alles und wirklich alle Prozesse zu hinterfragen und neu zu definieren;
  • Digitalisierung fordert alle Mitarbeiter*innen – am meisten aber diejenigen, die nur in einzelnen Prozessschritten eingebunden sind und den Gesamtnutzen nicht wirklich sehen; diesem gilt es durch intensive Kommunikation entgegenzuwirken. Jede*r einzelne Mitarbeiter*in muss überzeugt werden. Das gilt natürlich umso mehr für die Geschäftsführung. Wenn diese nicht hinter dem Projekt steht, dann ist die Umsetzung schwierig.
  • Rückschläge gehören dazu – das Motto muss lauten: Zumutbar überfordern. Sehr ambitionierte Umsetzungsziele erzeugen Disstress und hemmen die Umsetzung.
  • Alle Führungskräfte ins Boot zu holen ist Voraussetzung für den Erfolg. Das kann nur im Rahmen eines intensiven Austausches erfolgen. Bei uns wurde damals der mittlerweile jährlich stattfinden „Führungsdialog“ ins Leben gefunden. Gemeinsam werden an einem Nachmittag im Herbst Herausforderungen unter Expertenanleitung besprochen und Umsetzungsziele/Visionen definiert; und quartalsmäßig in TEAMS Meetings diskutiert; heuer sind wir bei der digitalen oder besser „digilogen Führung“ angekommen. Superspannend, darüber berichte ich dann im nächsten Blog.
  • Digitalisierung ist ein sehr anspruchsvolles Projekt vor allem für klein- und mittelständische Betriebe, da oft die Zeit und die Ressourcen fehlen. Die Ressourcen müssen geschaffen werden – das geht nicht nebenbei.

Was war die größte Änderung?

Es haben sich die Prozesse geändert, aber was am wichtigsten ist – es hat sich die Einstellung zum Gesamten Produkt „Dienstleistung Accounting“ geändert. Transparenz auf jeder Ebene, Information für wichtige Unternehmensentscheidungen stehen auf Knopfdruck zur Verfügung und ermöglichen ad hoc Problemlösungen instantly und Kommunikation mit den Verantwortlichen über Microsoft Teams zeitnah.

Und wenn alle auf den Geschmack gekommen sind, hat man automatisch das Bedürfnis nach mehr.

Wie geht es weiter?

Das wichtigste am Weg in die Digitalisierung ist die Frage nach dem Sinn und Zweck. Was bringt die Digitalisierung und ihre Werkzeuge zustande? Und es gilt sich auch damit auseinander zu setzen, was die Digitalisierung (besser) leisten kann als die wirkliche Welt. Und ehrlich – digitale Mitarbeiter*innengespräche oder Krisengespräche leisten nicht mehr als die wirkliche Welt – im Gegenteil: 80 % der Kommunikation (so hoch ist der non verbale Anteile der Kommunikation) gehen verloren und langfristig wahrscheinlich auch die Mitarbeiter*innen. Ziel der Digitalisierung muss es sein, dass Routinen in die Blackbox wandern, deren Aufgabe es ist, uns von den monotonen Arbeiten zu befreien und Platz für das Innovative und Originelle zu schaffen.

Über die Autorin

Dr. Sabine Ranner-Gasser ist CEO der Gasser+Partner Management GmbH und zuständig für das Beteiligungscontrolling, Immobilienmanagement und Human Ressource von fünf innovativen Unternehmen. Sie ist ausbildete Betriebswirtin der Wirtschaftsuniversität Wien. Nach vier Jahren in Forschung und Lehre wechselt sie in den Bereich Banken und Finanzmanagement um dann in das Beteiligungsmanagement von Gasser+Partner einzusteigen, wo sie seit 12 Jahren erfolgreich tätig ist.