Wir wissen längst: Vielfalt ist ein zentraler Motor in erfolgreichen Teams und kreativen, innovativen Organisationen. Heterogene Teams sind agiler. Warum treffen wir immer noch mehr auf homogene und weniger auf heterogene Teams?  Auch in meiner Arbeit in Unternehmen begegne ich vorwiegend Ersterem. Unternehmen sind noch immer sehr zurückhaltend, was die diverse Zusammensetzung von Teams betrifft. Besonders in Führungsteams lässt sich diese Praxis beobachten.  Und auch einige Studien bestätigen dieses Bild: Führungsteams auf mittleren und höheren Führungsetagen bilden meist einen homogenen Kern – sie sind im Schnitt zu zwei Drittel männlich, gut ausgebildet, und zwischen 35 – 45 Jahre alt. 

Gleiches und Gleiches gesellt sich gern

Dies hat sicher mehrere Gründe. Eine Erklärung für dieses Phänomen bietet uns die Sympathieforschung. Aus der Sympathieforschung weiß man heute, dass wir jemanden sofort sympathischer finden, der uns ähnlich ist oder dieselben Gefühle teilt und uns versteht. Daher fühlen wir uns in Gruppen wohler, in denen wir auf Menschen treffen, die uns ähnlich sind. Für unsere eigene Entwicklung ist diese Verhaltensweise wenig förderlich.  Wir lernen viel mehr von Menschen, die anders sind als wir. Je vielfältiger die Zusammensetzung der Netzwerke ist, in denen ich mich bewege – beispielsweise was das Alter, Geschlecht, Herkunft, Tätigkeit, Ausbildung, Kompetenzen etc. betrifft – desto mehr können wir lernen und desto mehr kann ich selbst beitragen.

„Ein Netzwerk zu haben, reicht allein nicht aus – auf die Perfomance kommt es an!“

Der Vorteil von Vielfältigkeit zeigt sich praktisch überall. Besonders aber im Business. Hier haben Forschungen den Mehrwert für Unternehmen längst festgestellt. Leistungsfähige Teams sind sowohl kognitiv als auch demographisch vielfältig. Eine Studie von Downey et al (2015) kam außerdem zu dem Schluss, dass ein enger Zusammenhang besteht zwischen dem Mitarbeiter*innenengagement und der Art und Weise, wie Unternehmen in den Bereichen Diversity & Inclusion tatsächlich agieren. Dabei geht es nicht um eine abstrakte Strategie oder Schlagwörter für die Öffentlichkeit, sondern um die gelebte Praxis.[1] Daher plädiere ich für mehr Mut zur Veränderung und mehr Entscheidungsfreudigkeit in Richtung Vielfältigkeit in der Zusammensetzung von Führungsteams.

Vielfältige Teams sind erfolgreicher

Vielfalt ist folglich auch ein Motor für Innovation und Fortschritt. Durch verschiedene Perspektiven sind heterogene Teams agiler und können in Krisenzeiten besser performen. Da sie aus unterschiedlichen Backgrounds und Erfahrungen der Mitglieder schöpfen, schaffen sie schneller zu innovieren, Chancen besser zu identifizieren, aber auch Risiken treffsicherer abzuschätzen.[2]

Ich persönlich schätze die Arbeit in gemischten Führungsteams sehr. Am erfolgreichsten gelingt Leadership Development und die Entwicklung einer positiven Führungskultur in einer Gruppe von Vertreter*innen aus unterschiedlichen Führungsebenen. Wenn dann noch ab und an Mitarbeiter*innen ohne Führungsaufgabe mitwirken dürfen, umso besser. Am Ende ist es wohl die Mischung, die den Erfolg ausmacht.

Sich dem Thema Diversity und Inclusion zu widmen, macht also Sinn.

Drei persönliche Fragen:

Werfen wir doch gemeinsam einen Blick darauf, wie wir selbst in unseren Teams, Gruppen und Organisationen in Bezug zu diesem Thema aufgestellt sind. Stellen wir uns in diesem Zusammenhang drei persönliche Fragen:

Glatt oder verkehrt:

  • Liebe ich Vertrautes oder habe ich Mut zum/zu Fremden?
  • Gehe ich lieber den einfachen Weg oder wage ich mich ab und an aus meiner Komfortzone heraus?
  • Bin ich Experte für Diversity und Inclusion oder wer sind diese?

Ich denke die Expert*innen sind diejenigen Menschen, die aus welchem Grund auch immer von Gruppen, Netzwerken, (Führungs-) Positionen ausgeschlossen sind, oder sich ausgeschlossen fühlen. 

Eine Fort- und Weiterbildung sowie die Ausbildung zu diesem Thema sollte daher jeder und jedem, die*der mit Menschen arbeitet und sich für diese verantwortlich zeichnet, ans Herz gelegt sein. Noch immer gibt es diesbezüglich aus meiner Sicht viel zu wenig Angebote. Es gibt zwar einige Konferenzen und Tagungsbände, die sich mit dem Thema Inclusion und Diversity beschäftigen. Meistens jedoch fehlt in diesen Formaten eine Perspektive völlig, nämlich die derjenigen Menschen, um die es eigentlich geht. Dabei sind sie nicht nur die Gruppe, an die sich die Fragen von Wissenschaft und Organisationen richten. Sondern sie selbst sind die Expert*innen. Ein Perspektivenwechsel wäre also angebracht.

5 Schritte, die zu mehr Vielfalt und Inclusion in Ihrem Unternehmen beitragen könnten:

  • Definieren Sie, was „Diversity & Inclusion“ heißt. Ein Brainstorming mit Ihrem Team könnte hier ein gutes Format dafür sein. Gibt es Maßnahmen, die Sie setzen möchten oder sind Sie schon gut dabei? Wie werden Sie den Erfolg messen?
  • Erarbeiten Sie daraus abgeleitet die dafür nötigen Kompetenzen sowie einen Verhaltenskodex, die „Diversity & Inclusion“ fördern. Holen Sie unbedingt Ihr Team ins Boot.
  • Rekrutieren Sie holistisch je nach Kompetenzen, Stärken / Schwächen, Charakter- sowie demographischen Eigenschaften, die Ihr bestehendes Team gut ergänzen. Ein guter Dirigent achtet auch darauf, dass das Orchester als Ganzes harmoniert.
  • Wenn Sie mit Projektteams arbeiten, legen Sie Wert auf deren vielfältige Zusammensetzung und wählen Sie die Mitglieder so aus, dass Ihre Kund*innen / Zielgruppe am besten repräsentiert wird.
  • Schaffen Sie eine proaktive Feedbackkultur – geben Sie Feedback und holen sie es regelmäßig ein.[3]

Es zahlt sich aus, denn ein Think-Tank von Vielen bringt jede Organisation weiter.

“Human diversity is a resource, not a handicap”

Margaret Mead

Zur Autorin

Dr. Monika Kanatschnig, Partnerin von HILL International

Monika Kanatschnig ist Wirtschaftspsychologin, Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin und arbeitet als Unternehmensberaterin zu den Themen: Führung, Führungskultur, Unternehmenskultur sowie das Messen und Beobachten von Kompetenzen und Qualitätsstandards in Unternehmen. Sie ist Partnerin von HILL International, Geschäftsführerin von HILL Management in Kärnten und Salzburg.


Quellenangaben

[1]Downey, Stephanie N., van derWerff, Lisa., Thomas, Kecia M., Plaut, Victoria C. (2015): “The role of diversity practices and inclusion in promoting trust and employee engagement”, Journal of Applied Social Psychology.

[2] ebda

[3] Ostrowska-Reither, Malgorzata (2021): https://hill-international.at/blog/news/diversity-inclusion-vielfalt-und-einbeziehung-ein-ungeschminkter-blick-auf-die-oberoesterreichi/ abgerufen am 3.5.2021