oder willkommen im Karussell der Führungskraft!

Führungskräfte sind in der heutigen Zeit mit einem hohen Grad an Komplexität und vielen Herausforderungen konfrontiert. Daraus ergeben sich diverse Aufgabenstellungen, die ich Ihnen heute mit einem konkreten Fallbeispiel aus meiner Coachingpraxis verdeutlichen möchte.

Ausgangslage

Meine Coachee Susanne (Name geändert) ist Head of Sales in einem internationalen Konzern und hat aktuell v.a. mit folgenden Herausforderungen zu kämpfen: ihr Team muss wachsen jedoch findet sie zu den – vom Markt und der Organisation vorgegebenen Bedingungen (Stichwort Generation Z, Fachkräftemangel etc.) – keine neuen Mitarbeiter*innen.

Die letzte Mitarbeiterin hat sie aus dem arabischen Ausland akquiriert, was zu interkulturellen Problemen im Team führte. Ihr – dringend benötigter – Assistent kam nur mit einem 30 Stunden Vertrag und der Zusage von 2 Tagen Homeoffice pro Woche, was zur Missgunst des restlichen Teams führte.

Kürzlich wurden wieder alle geplanten internationalen Business Trips abgesagt und in virtuelle umgewandelt, was ihrer Akquisequote stark schadet. Generell merkt sie, dass es am Markt starke Veränderungen gibt und der Kundenzugang nicht mehr so leicht wie früher ist. Der Druck von oben wächst, die Unzufriedenheit von unten auch. Hinzu kommt noch, dass Susanne ihren schulpflichtigen Kindern gegenüber ständig ein schlechtes Gewissen hat, da sie ihnen zu wenig Mamazeit bieten kann.

Was ihr helfen könnte

Susanne kennt die aktuellen Schlagworte/Trends im Leadership und hat bereits einiges dazu gelesen. Die Themen Diversitäts-, Generationen- und Polaritätenmanagement, Selbstorganisation, hybrid/digital Leadership, shared Leadership, mindful Leadership, agile Leadership, situative und menschenzentrierte Führung, unternehmensinterne und externe Vernetzung auf allen Ebenen, Aufbau neuer Führungsfähigkeiten, Transformation der klassischen Führungsrolle (Stichwort: Coach statt Führungskraft) begleiten sie schon eine geraume Zeit. Doch wie kann Susanne – neben ihren täglichen Aufgaben – all das in ihrem Führungsalltag überhaupt umsetzen?

Susannes persönlicher Weg

Susanne liebt es Listen zu schreiben, weshalb ich dies im Coaching mit ihr aufgegriffen habe. Im ersten Schritt haben wir Susannes Herausforderungen erarbeitet und strukturiert, um einen besseren Überblick zu erhalten. Susanne hat dabei realisiert, dass sich ihre Themen in beeinflussbare und nicht-beeinflussbare unterteilen lassen. Für die beeinflussbaren Herausforderungen haben wir im Rahmen des Coachings dann To-Dos für Susanne erarbeitet. Susanne hat dabei erkannt, wie sie ihren Herausforderungen begegnen kann und festgestellt, dass sich dafür viele der aktuell viel propagierten Leadership-Ansätzen eignen.

Anmerkung: Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fokussiert lediglich die Themen von Susanne.

Wie Sie an Susannes Liste erkennen können, lassen sich ihre Herausforderungen wunderbar mit den aktuellen Trends im Leadership begegnen, wobei sie jedoch v.a. nachfolgende, persönliche Fähigkeiten dazu befähigt haben, das Karussell zu verlassen:

  • strategische Kompetenzenauf operativer Ebene, um kurzfristigen, starken Veränderungen gut und rasch begegnen zu können (z. B. durch Einsatz der Szenario-Technik),
  • den Willen, neben Geplantem auch Ungeplantes zu berücksichtigen (z. B. Puffer/Ausfälle einplanen),
  • die Fähigkeit und Bereitschaft, agile Führungsinstrumenteeinzusetzen(z. B. Design Thinking, Daily Stand-Up)
  • unternehmerischen Spürsinn (z. B. Frühwarnindikatoren, persönliche Einbringung in Unternehmensprojekte),
  • die Fähigkeit zur Veränderung und andere dazu zu motivieren (z. B. Ängstemanagement, Diversitätsmanagement, Selbstorganisation),
  • sozialen Kompetenzen, Empathie und Einfühlungsvermögen (z. B. Coach statt fachlicher Führungskraft, hybrid Leadership, Netzwerkaufbau, Teambegleitung),
  • den Willen, (ungeliebte) Entscheidungen zu treffen (z. B. individuelle Regelungen),
  • die Bereitschaft, Verantwortung abzugeben (z. B. Selbstorganisation),
  • die Offenheit für Neues (z. B. Shared Leadership),
  • und, last but not least, die eigene Achtsamkeit, um sich in diesem Karussell nicht zu verlieren (Stichwort: Mindful Leadership).

Wie Sie sehen, reicht es also nicht aus einem beliebigen Trend zu folgen, sondern das eigene Mindset als Führungskraft ist schlussendlich ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg eines solchen Vorhabens.

Über die Autorin

Simone Kainz ist Unternehmensberaterin, Trainerin, zertifizierte Coachin und Hochschullektorin. Nach Abschluss ihrer Studien der angewandten Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaft & Recht in Klagenfurt am Wörthersee und Lille (FR) hat sie mehrere Jahre Erfahrungen in verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland, u.a. als Führungskraft, gesammelt. Neben ihrer Dissertation im Bereich Employer Branding hat sie mehrere Publikationen verfasst.

Seit über 10 Jahren begleitet sie nun Menschen, Teams und Organisationen in ihrer Entwicklung. Ihre Schwerpunkte liegen in der Organisations- und Strategieentwicklung und der Führungskräfte- und Teamentwicklung. In den letzten Jahren hat sie vermehrt auch unternehmensübergreifende Entwicklungsprogramme begleitet. Ihre branchenübergreifende Erfahrung und ihr wissenschaftlicher Hintergrund, gepaart mit ihrer Leidenschaft zur Arbeit mit Menschen, hat sie in der Entwicklungsberatung ankommen lassen. Privat lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Klagenfurt, wo man sie in ihrer Freizeit vorzugsweise mit den Kindern im eigenen Garten vorfindet.