Das neue Jahr hat schon lange begonnen und viele Menschen haben ihre Vorsätze, die von einem Verzicht auf Süßigkeiten, Alkohol, Kaffee, Fleisch bis hin zu Verzicht auf Medienkonsum reichen, wieder über Bord geworfen.

Viele Kanäle rufen mittlerweile zu Aktionen im Jänner auf.  Es gibt Aktionen, wie „Veganuary“, ein Monat, bei dem bewusst nur vegane Speisen konsumiert werden. Seit Jahren gibt es in Amerika schon den Trend, des „Dry January“, der nun auch bei uns Einzug hält. Ein Monat, in dem kein Alkohol konsumiert wird. Der Sinn dahinter ist ganz plausibel: Bewusstmachung.

Das klingt auf den ersten Blick großartig, vor allem, da es dafür meistens auch Plattformen gibt, wo sich die Menschen darüber austauschen und ihre Erfahrungen kundtun können. Man hat das Gefühl man ist in einer Community, nicht alleine und hat genügend Rückenwind. Daraus hat sich in den letzten Jahren ein enormer Trend herauskristallisiert. Wer schon einmal auf etwas bewusst verzichtet hat, weiß jedoch, dass dies kein leichter Weg ist.

Bewusst auf etwas verzichten

Kritisch wird es vor allem bei Menschen, die ohne den Konsum von Alkohol, Nikotin etc. nicht leben können, die in einer Abhängigkeit, einer Sucht stecken. Ganz leicht wird behauptet, dass es nur eine Sache des Kopfes ist. Man könne sich ja selbst entscheiden, welchen Weg man gehen mag. Das mag bei dem einen oder anderen Suchtmittel stimmen, jedoch regiert man bei jeglichem Konsum mit einer Art von körperlichem Entzug. Probieren Sie es einfach einmal aus: Starten Sie damit und lassen Sie nur einmal ein bis zwei Tage ihren geliebten Kaffee oder die Süßigkeiten weg. Die meisten Menschen in meinen Beratungen haben dabei starke Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, ja sogar die Verdauung spielt einem einen Streich und noch schlimmer, manche werden sogar aggressiv. Dabei sprechen wir hierbei nur von „legalen“ Dingen und nicht mal Drogen.

Sucht hat mehrere Auslöser und Faktoren

So ein Trend ist für Menschen mit einer Suchterkrankung ein sogenannter „kalter Entzug“ und kann durchaus auch Nebenwirkungen mit sich bringen sowie enorm gefährlich sein. Aus diesem Grund empfehle ich Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung, und ja es ist eine Erkrankung, den Weg in eine Beratung, die einem dabei unterstützen kann. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, dass es meistens sehr viele verschiedene Gründe gibt, wieso Menschen in eine Sucht verfallen. Es kommt auf die Lebensgeschichte des Menschen an, wie jemand sozialisiert ist, ob es traumatische Erlebnisse in der Kindheit oder dem Leben gab, wie steht es um die Resilienzfähigkeit und Stressbearbeitung etc. Weiters spielt die Gesellschaft eine große Rolle, die Religion. Gerade bei jungen Menschen spielen soziale Medien eine enorme Rolle, die man absolut nicht unterschätzen darf. Ständig wird einem „vorgegaukelt“ wo man das schnelle Geld machen kann, was man alles besitzen muss, wie schön man sein muss. Menschen verstecken sich hinter einem Filter. Gelernt wird, dass man auf Social Media nur erzählen darf, was schön ist. Doch ein Jobverlust, eine Trennung, einen Unfall, ein traumatisches Erlebnis kann man nicht wirklich schönreden. Schließlich hat auch das Suchtmittel eine Bedeutung. Ist es gesellschaftlich anerkannt, wie Alkohol und Nikotin, oder handelt es sich um illegale Drogen, wie Cannabis, Heroin, Kokain etc. Und dabei habe ich nun auch noch gar nicht auf Süchte, wie Arbeitssucht, Essstörungen, Kaufsucht, Spielsucht uvm. hingewiesen.

Was kann ich tun?

Der schwierigste Teil ist immer sich einzugestehen, dass man ein Problem hat. Das hat mit viel Schamgefühl, mit Ängsten und anderen Emotionen zu tun. Das Thema Sucht ist tatsächlich nach all den Erfahrungen und Geschichten (Drogentote, Alkohollenker, …) immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Menschen werden meist auch nicht einmal im Freundes- oder Bekanntenkreis darauf angesprochen. „Heute hat er halt wieder einmal so eine Phase“ ist eine gängige Aussage, die ich öfter höre. Ansprechen ist immer der schwierigste Teil und nimmt in meinen Workshops auch deshalb so viel Zeit in Anspruch, da es wichtig ist darüber zu sprechen und die Personen dahingehend zu stärken.  Niemand hat behauptet, dass es leicht ist. Dabei geht es viel um die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten und Bedürfnissen. Diese Themen ergeben sich auch in den Betrieben und ziehen einen enormen Rattenschwanz mit sich. Ein*e Mitarbeiter*in mit einer Suchtproblematik bringt Andere dazu, Dienste zu übernehmen, einzuspringen. Irgendwann entstehen Unmut und Ärger. Die Kolleg*innen sind ausgepowert und selbst am Limit und schließlich leidet eine ganze Abteilung. Aus Erfahrung weiß ich, dass es oftmals Monate bis Jahre braucht, bis dieses Thema in einem Betrieb angesprochen wird. Doch eines sei gesagt: bevor etwas Gravierendes passiert, ist es ratsam, davor einzugreifen.

Menschen, die in einem möglichen Suchtverhalten verharren, können sich folgende Fragen stellen und sich damit ein Konsumtagebuch erstellen. Dieses bietet die Möglichkeit sich einen Überblick zu verschaffen, um anschließend adäquat (re)agieren zu können.

  • Konsumiere ich in Gesellschaft oder alleine?
  • Konsumiere ich, um eine Leere zu füllen?
  • Konsumiere ich, um etwas zu vergessen oder abschalten zu können?
  • Genieße ich meinen Konsum?
  • Fühle ich mich einsam?

Mit einem*r außenstehenden Berater*in zu sprechen ist keine Schande, es ist vielmehr eine enorme Stärke sich einzugestehen, dass man Unterstützung braucht. Jede*r Einzelne ist für sich selbst verantwortlich, doch niemand muss sich alleine auf den Weg der Veränderung machen.

Autorin:

Mag.a (FH) Marina Salmhofer

Ganzheitliche Beratung, Coaching & Supervision

Die Betriebssozialarbeit inkl. Suchtberatung  &-prävention begleitet Mitarbeiter*innen jeglicher Ebenen bei der Lösung der Probleme, die mit der Arbeits- & Lebenssituation verbunden sind, mit dem Ziel der Prävention, der Minimierung der Mitarbeiter*innen Fluktuation, der Vermeidung und Verringerung von Krankenständen und somit dem Ziel der Kostenersparnis für den Betrieb und der Gesunderhaltung der Mitarbeiter*innen. Dies geschieht über Workshops, Begleitung von Teams oder Einzelpersonen.

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