Mutter oder Vater zu werden und eine Familie zu gründen, gehört für viele auch im Jahr 2023 immer noch zu einem erfüllten Leben dazu. Kinder können eine enorme Bereicherung sein. Gleichzeitig bedeuten sie aber auch, die eigenen Bedürfnisse und Interessen hin und wieder hintanstellen zu müssen. Dies zeigt sich speziell in den Veränderungen im Berufsleben, die eintreten können, wenn sich Paare für ein Kind entscheiden.

Vor allem die Erwerbstätigkeit der Frauen wird in Österreich durch die Geburt eines Kindes spürbar beeinflusst: Während die aktive Teilzeitquote der 25- bis 49-jährigen Frauen ohne Kinder 27,6% beträgt, beläuft sich diese bei Frauen mit Kindern (unter 15 Jahren) auf 72.8%. Demgegenüber liegt die aktive Teilzeitquote der Männer mit Kindern bei nur 6,8%. [1]

Traditionelle Rollenbilder in der Erwerbstätigkeit: Österreich im Wandel

Eine Neujustierung der Aufteilung der Erwerbstätigkeit zwischen den Elternteilen ist bislang nicht in Sicht. In Österreich werden nämlich noch immer überwiegend Modelle gewählt, die auf die Haupterwerbstätigkeit des Mannes abstellen: 43,5% der Paare mit Kindern unter 15 Jahren entschieden sich 2021 dazu, dem Mann den Job auf Vollzeitbasis und der Frau den Job auf Teilzeitbasis zu überlassen. Der Anteil der Paare, bei denen die Frau einer Vollzeit- und der Mann einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachging, betrug demgegenüber nur 1,4%. Bei etwa jedem siebenten Paar waren beide vollzeiterwerbstätig [2].

Der Weg zur Vereinbarkeit: Ungleichheiten eliminieren und Gleichstellung fördern

Auch in der Rechtsbranche lässt sich ein gewisser Trend erkennen: Während mehr als die Hälfte der Absolventinnen und Absolventen eines Jusstudiums in Österreich Frauen sind, beträgt der Frauenanteil in der Rechtsanwaltschaft nur ein knappes Viertel. Grund dafür sind auch hier die Schwierigkeiten, Karriere und Familie in Einklang zu bringen.

Neben eigenständiger Planung, Engagement und einem gewissen Organisationstalent, sind es insbesondere die externen Faktoren und Gegebenheiten, die eine Vereinbarkeit der beiden Komponenten erschweren.

Zu nennen ist hier unter anderem die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen. Vor allem bei den Kinderbetreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren hinkt Österreich im EU-Vergleich deutlich hinterher: Während der Rat der EU Ende 2022 seine Barcelona-Ziele erhöht hat (bis 2030 sollen 45% der Kinder unter drei Jahren an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung teilnehmen), liegt Österreichs Betreuungsquote der 0- bis 2-Jährigen bis dato noch unter dem alten Ziel von 33% [3].

Kinderbetreuung und Elternteilzeit: Herausforderungen und Lösungsansätze für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Auch wenn das Kindergartenwesen in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist, steht insbesondere auch der Bund in der Verantwortung, diese Betreuungsquote zu erhöhen. Anzudenken ist hier eine 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den einzelnen Bundesländern. Betreuungsangebote müssen nicht nur in ausreichender Anzahl vorhanden, sondern auch günstig und qualitativ sein, damit Frauen nach der Karenz ehestmöglich in ihren Beruf zurückkehren können. Nur durch eine gemeinsame Anstrengung ist es möglich, den Bereich der Kinderbetreuung so zu gestalten, dass Frauen in den eigenen vier Wänden entlastet werden und sich Familie und Karriere nicht zwingend ausschließen.

Zusätzlich spielt auch die Frage der Elternteilzeit eine Rolle, wenn es darum geht, Kinder und Beruf zu vereinbaren. Derzeit können sowohl Mütter als auch Väter einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit geltend machen. Voraussetzung ist, dass derjenige, der Elternzeit in Anspruch nehmen will, seit mindestens 3 Jahren in einem Betrieb mit mehr als 20 MitarbeiterInnen beschäftigt ist. Die Praxis zeigt, dass es bis heute, insbesondere bei den Männern, Hindernisse in Bezug auf die Inanspruchnahme von Elternteilzeit gibt. Meistens mangelt es an Strategien in den Betrieben selbst.

Vereinbarkeit von Selbstständigkeit im Rechtsanwaltsberuf und Familie: Herausforderungen und Lösungen

Ähnliche Hürden stellen sich auch im Rechtsanwaltsberuf: Der Gesetzgeber überlässt selbständigen Personen die Wahl, wann sie nach der Geburt eines Kindes wieder zu arbeiten beginnen möchten. Das Mutterschutzgesetz ist nicht anwendbar. Ein vollkommener Rückzug, wie er in der Karenz normalerweise vorgesehen ist, ist aber schlichtweg nicht möglich. Mandate können nicht einfach auf Eis gelegt sowie der Kanzleibetrieb nicht kurzerhand eingestellt werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass Selbständige während der Karenz bestimmte Zuverdienstgrenzen einzuhalten haben. Derzeit liegt die Zuverdienstgrenze für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld bei 7.800 Euro pro Kalenderjahr (Wert für 2023). Dies entspricht etwa dem Verdienst bei einer geringfügigen Beschäftigung. Wird dieser Betrag überschritten, ist ein Teil des Geldes zurückzuzahlen. Ein normaler Kanzleibetrieb ist bei Einhaltung dieser Grenze aber ausgeschlossen.

Insbesondere hier ist anzudenken, derartige Zuverdienstgrenzen entweder anzuheben oder gleich vollständig aufzuheben. Daneben sind aber auch die Unternehmen angehalten, die gleichberechtigte Aufteilung der Kinderbetreuung mit konkreten Maßnahmen zu unterstützen und dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Karriere voranzubringen.

Die Vorteile eines ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses für die Wirtschaft

Die Förderung von Gleichstellungsstrategien in der Arbeitswelt ist nicht nur für die vielen Frauen von Bedeutung, die neben der Kindererziehung auch Karriere machen wollen, sondern auch für die Wirtschaftsleistung eines Landes selbst.

Internationale Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer hohen Gender-Diversität profitabler sind als jene, mit einer niedrigen Diversität [4]. Die Gleichstellung der Geschlechter verbessert nicht nur die Außenwahrnehmung des Unternehmens, welche vor allem im Recruiting und bei der Vergabe von Aufträgen eine Rolle spielt, sondern treibt auch Innovation und Entwicklung in einem Unternehmen voran. Ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis hat somit gänzlich positive Auswirkungen, sowohl in sozialer als auch in ökonomischer Hinsicht.

Es braucht somit jedenfalls beide Geschlechter, um sich wirtschaftlich behaupten zu können. Nur durch kollektive Intelligenz und die Balance zwischen weiblichen und männlichen Führungsstilen können Krisen überwunden, komplexe Herausforderungen gemeistert und die Wirtschaftsleistung vorangetrieben werden. Dafür bedarf es aber nachhaltigen Lösungen, die es Frauen ermöglichen, Familie und Karriere miteinander zu verbinden. Diese stellen jedenfalls eine Notwendigkeit dar, wenn es darum geht, mit dem sozialen Wandel mithalten zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zur Autorin

Mag.a iur. Stefanie Liebenwein ist Rechtsanwältin und seit 2014 Partnerin und Geschäftsführerin der Liebenwein Rechtsanwälte GmbH. Ihre beruflichen Schwerpunkte liegen vor allem in der Vertretung vor Gerichten und Behörden in Zivil- Verwaltungs- und Wirtschaftsstrafsachen sowie im Arzneimittel- und Pharmarecht, im Medienrecht und im Persönlichkeitsschutz. Im Jahr 2022 wurde Stefanie Liebenwein zur Juristin des Jahres gewählt und erhielt in diesem Zusammenhang den „Promoting the best“-Award. Neben der Veröffentlichung von Publikationen liegt ihr Engagement vor allem im Bereich der Nachwuchsförderung junger JuristInnen und BerufsanwärterInnen.

Quellenangaben:

[1] STATISTIK AUSTRIA, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung. Erstellt am 18.03.2022. – ILO-Konzept. – Aktive Teilzeitquote der 25- bis 49-Jährigen (exkl. Elternkarenz).

[2] STATISTIK AUSTRIA, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung. Erstellt am 21.4.2022. – ILO Konzept.

[3] Neue Barcelona-Ziele – Österreich bei Kinderbetreuung weiter säumig, in: Austria Presse Agentur, 15.06.2023, Neue Barcelona-Ziele – Österreich bei Kinderbetreuung weiter säumig (apa.at) (16.10.2023).

[4] u.a. die McKinsey Studie zu Diversität aus dem Jahr 2020 (abrufbar unter Diversity wins: How inclusion matters (mckinsey.de))