Pferde trainieren mentale Gesundheit – das klingt doch völlig verrückt!? Oder doch nicht?
Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Jede(r), die/die sich schon mal mit Achtsamkeit beschäftigt hat, kennt das Phänomen des Atmens gut. Doch hast du folgendes schon einmal versucht: eine Hand am Bauch und die andere auf einem Pferderücken? Nein? Dann solltest du das unbedingt probieren!
Der Druck, der täglich auf dir lastet, die Verantwortung in der Familie und im Job, die Hektik alles rechtzeitig und möglichst perfekt zu erledigen – das kennen wir doch alle? Wir reiben uns zwischen unseren Aufgaben und Pflichten auf. Jeder Mensch hat seine eigene Strategie, mit Belastungen umzugehen. Der eine treibt exzessiv Sport, der andere liegt abends lieber gemütlich auf der Couch. Ich kenne das aus meinem eigenen Alltag sehr gut. Als Unternehmerin und Mutter von Zwillingen bin ich oft mehr als gefordert. Wir versuchen es allen recht zu machen und vergessen dabei auf das Wichtigste: uns selbst. Wir schieben unsere Bedürfnisse und Stresssignale jahrelang auf die Seite, bis wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. Die Hoffnung auf Entspannung liegt dann nur noch im nächsten Urlaub. Doch ist das das Leben, das wir uns wünschen? Ich denke nicht!
Wenn man ChatGPT fragt, was mentale Gesundheit bedeutet, bekommt man folgende Antwort: Mentale Gesundheit bezieht sich auf das geistige Wohlbefinden einer Person, einschließlich emotionaler Stabilität, Stressbewältigung und positiver zwischenmenschlicher Beziehungen.
Da sind wir auch schon am Punkt -das mentale Wohlbefinden. Einwirken kann ich nur auf eines – nämlich auf mein eigenes. Viele Jahre waren Tiere, in den besonderen Pferden, „nur“ mein Hobby. Je länger ich mit Ihnen zu tun hatte und dann auch ihre Auswirkungen nicht nur auf mich, sondern auch auf andere Menschen gesehen habe, desto mehr wurde mir bewusst, wie viel sie uns zeigen und was sie uns lehren können.
Nun gehe ich einen ungewöhnlichen Weg – ich bin Unternehmensberaterin. Das an sich ist nichts Besonderes, doch meine Seminare und Trainings finden vorwiegend am Reitplatz statt. Pferde in der Therapie sind gang und gäbe, aber in meinem Bereich (noch) immer außergewöhnlich.
Warum mache ich das nun auf diese Art und Weise?
Ganz einfach – weil ich davon überzeugt bin! Pferde geben uns ehrliches Feedback, ohne jegliches Kalkül. Sie bewerten uns nicht und sind immer im Moment. Sie zeigen uns Muster und Handlungsweisen auf, welche uns selbst nicht bewusst sind. Als Flucht- und Herdentiere sind sie darauf programmiert, kleinste Veränderung in ihrem Gegenüber wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Sie sind sehr sensibel und spiegeln unsere Emotionen wider, was uns dabei hilft, uns selbst besser zu verstehen und unsere Gefühle besser zu erkennen. So werden uns eingefahrene Muster und Handlungsweisen offenbart und wir können entsprechend darauf reagieren. Das geht aber eben nur, wenn wir uns deren bewusst sind. Was das betrifft, sind Pferde echte Gamechanger.
Pferde zeigen uns auf eine eindrucksvolle Art und Weise, wie es ist, achtsam und im Moment zu sein. Wenn etwas passiert, erschreckt das Pferd, es kehrt aber dann sehr schnell wieder in den entspannten Zustand zurück und frisst weiter. Wir Menschen schaffen das kaum, treibt uns doch ständig die Sorge, was noch passieren könnte, was schon war und was die Konsequenz daraus sein könnte. Genau dieses Gedankenkarussell ist es dann auch, dass uns abends nicht zur Ruhe kommen lässt oder nachts nicht schlafen. Wir überschreiten permanent unsere Grenzen und wundern uns dann, wenn wir nicht mehr abschalten können. Wir sind ständig im sympathikotonen Zustand – da sind wir fit und leistungsfähig, wach und aufmerksam. Dieser Zustand ist an sich nichts Schlechtes, wenn wir den Bogen nicht überspannen. Zum Abschalten braucht es dann den Parasympathikus, den Gegenspieler des Sympathikus. Wird dieser jedoch ständig ausgebremst durch zu viel Aktivität, sind wir nicht mehr in der Lage uns zu entspannen.
Die Folge ist ein Burn-Out– ein kompletter Shutdown des Nervensystems. Aber es muss nicht so weit kommen.
Es gibt viele Atemübungen und Entspannungstechniken, die sehr gut funktionieren. Wenn man diese aber mit der beruhigenden und starken Anwesenheit von Pferden kombiniert, wirken diese um ein Vielfaches besser. Bei den Trainings mit den Pferden werden alle Sinne, von kinästhetischen, visuellen, auditiven, olfaktorischen und gustatorischen angesprochen.
Wenn du nun die Augen schließt und an einen Pferdestall denkst, was kommt dir sofort in den Sinn? Der Geruch nach Heu und Pferden, das weiche Gefühl von Fell unter deinen Händen, die Geräusche von Vögeln und das zufriedene Schnauben eines Tieres oder vielleicht eine Kombination? Stell dir nun vor, du praktizierst eine Atemübung mit deiner Handfläche auf dem warmen Rücken eines Pferdes. Wenn du bewusst atmest und dabei ein Pferd angreifst, setzt du tiefe Anker – du erlebst und lernst mit allen Sinnen und gehst dabei tief in die Körperlichkeit. Durch dieses Erleben kannst du in stressigen Situationen besser auf das Gefühl der Entspannung zurückgreifen, da sich nicht nur dein Körper gut daran erinnert, sondern auch dein Geist.
So einfach und so wirkungsvoll!
Ob Mitarbeiter*in, Chefin oder Führungskraft – wie sollen wir die Bedürfnisse unseres Gegenübers sehen und verstehen, wenn wir unsere eigenen nicht wahrnehmen und schon gar nicht leben? Auch wenn der Begriff „Achtsamkeit“ schon langweilig anmuten mag, ist er doch eines der wichtigsten Tools, die wir haben. Pferde sind immer achtsam – machen wir es doch genauso!
Über die Autorin:
Daniela Planinschetz-Riepl ist Unternehmensberaterin, Trainerin und Mutter von Zwillingen. Nach vielen Jahren im build! Gründerzentrum als Startup Coach hat sie mit „Sattelfest&Frei“ ihre Berufung gefunden und unterstützt seither Unternehmen und auch EPU´s. Ihre Schwerpunkte liegen bei Teamentwicklungen und Leadershiptrainings – mithilfe der Pferde, aber auch ohne. Mindfullness und agiles Arbeiten fließen in ihre Seminare mit ein und zeigen so neue Wege auf. Sie begleitet Prozesse in Unternehmen auf ihre ganz eigene und besondere Art.