Schon seit langer Zeit begleitet mich eine Wortfolge – quasi ein „Sprichwort“, nach dem ich inhaltlich lange gesucht habe und das zum Ausdruck bringt, was ich für essenziell halte, um „persönlich erfolgreich zu sein“ – also nicht abhängig zu sein von einem zufälligen Glücksfall, sondern einem nachhaltigen Prozess folgend Ziele zu verfolgen, die formuliert, angestrebt und erreicht werden:

„Wo kämen wir hin,
wenn alle sagten,
wo kämen wir hin,
und niemand ginge,
um einmal zu schauen,
wohin man käme,
wenn man ginge.“

Kurt Marti

Seien SIE jemand, die neugierig ist; die schaut und geht!
Seien SIE jemand, die motiviert und mit hoher Begeisterungsfähigkeit Systeme und Normen regelmäßig hinterfragt!

Und:

Seien SIE jemand, die einzigartig ist und sich das vornimmt, wovor andere zurückschrecken und durchaus auch Angst haben!

Ich habe es in vielen Entscheidungssituationen so gehalten: In der gymnasialen Ausbildung habe ich mich für Werken statt Handarbeiten und zu einer Vertiefung mit Informatik (statt anderen oft gewählten Schwerpunkten) entschieden: Zu „meiner Zeit“ gab es das nicht häufig. Nach der Matura habe ich bewusst ein Studium gewählt, von dem ich während der Schulzeit inhaltlich kaum etwas gehört hatte: „Angewandte Betriebswirtschaftslehre“ (an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt). Der Wunsch, nach Abschluss des Studiums an der Universität üblicherweise den Weg in die (steuerberatende) Praxis einzuschlagen, musste dem (ungewissen) Angebot, als Universitätsassistentin zu arbeiten und das Doktoratsstudium abzuschließen, weichen. Als dann auch die Habilitationsanforderungen mit Verleihung der Venia Docendi im Fach Betriebswirtschaftslehre erfolgreich nachgewiesen werden konnten, erhielt ich (als erste Frau aus dem Bereich der Betriebswirtschaftslehre der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) einen Ruf der Paris-Lodron-Universität Salzburg (PLUS) auf die Professur „Rechnungslegung und Steuerlehre“, den ich angenommen habe. Ich denke, ich konnte die damit verbundenen beruflichen Herausforderungen ebenso gut meistern, wie das wöchentliche Pendeln von Salzburg nach Kärnten zu meiner Familie, die mich bei meinen durchaus „innovativen“ Vorhaben immer unterstützt hat.

An der PLUS habe ich meinen Platz gefunden: Das Arbeiten mit meinen Studierenden ist alles andere als Routine, mach viel Spaß und hält jung; als langjährige Vizedekanin der PLUS zeugt das Weitentwickeln attraktiver und innovativer Studienpläne (wie etwa die in Österreich eingenommene Vorreiterrolle, Studien im Schnittfeld zwischen Recht und Wirtschaft zu verankern, das einzigartige Studium „Sprache, Wirtschaft und Kultur“ oder die bereits vor Jahren etablierte Spezialisierung „Accounting, Finance and Sustainability“) von hohem Engagement und Durchsetzungsvermögen in einem Umfeld von nicht unerheblich stark ausgeprägten beharrenden Kräften. Hinzu kamen und kommen Angebote, auch in anderen wirtschaftlichen (Aufsichts-)Positionen tätig zu werden, die ich – wohl sortiert – auch angenommen habe. Meine Publikationsliste ist mittlerweile sehr lang und Sie können in über 30 Büchern und über 100 Fachzeitschriftenbeiträgen meine (kritischen) Überlegungen zu unterschiedlichen Themen der Steuerlehre und Rechnungslegung nachlesen (wenn Sie wollen).

Besser scheitern

Allerdings – und das liest man nicht so häufig (und ich schreibe es aus Erfahrung): In unseren erfolgsorientierten und -verwöhnten Gesellschaft ist auch ein Scheitern vorgesehen. Erfolg und Niederlage gehören zu unserem Leben, sind gleichsam Alltagsnormalität und Herausforderung. Und aus den kleinen und auch größeren Niederlagen sollten Sie gestärkt hervorgehen, denn eine Niederlage bietet die einmalige Chance zu lernen – um unter Umständen später „gescheiter“ nochmals zu scheitern (oder zu reüssieren). Das wusste schon einer der einflussreichsten Pioniere zeitgenössischer Kunst, Samuel Beckett (1906-1989): In seinem Spätwerk „Worstward ho“ („Aufs Schlimmste zu“, 1983) finden wir das Zitat:

Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better.

Samuel Beckett

Frei könnte man das Zitat mit „Besser scheitern wollen“ übersetzen. Diese Devise versucht eine Gratwanderung zwischen Pessimismus („scheitern“) und Optimismus („besser scheitern“) (!) und sollte in uns zugleich den Wunsch entstehen lassen, immer besser zu werden und sich mit dem soeben Erreichten eben nicht zufrieden zu geben. Nehmen Sie aus Erfahrungen mit, dass der Weg zur kompetenten, mit Kenntnissen ausgestatteten Expertin verschlungen und mit Stolpersteinen ausgelegt ist. Dies ist insgesamt ein anstrengender, manchmal schmerzlicher, von Höhen und Tiefen gezeichneter Prozess, an dessen Ende ein Ergebnis steht, das oft wieder nicht wirklich zufriedenstellt.

Daher: Auch wenn die Resultate all Ihrer Bemühungen zunächst nicht fruchten, sind doch Erkenntnisse und Erfahrungen, die gesammelt wurden, unendlich viel wert! Stellen Sie manchmal in Frage, ob sich das Ziel zu erreichen, noch lohnt. Es bleibt immer die Möglichkeit, eine andere Abzweigung zu nehmen; es gibt viele Chancen, durch ihre Talente und besonderen Begabungen mit Erfolgen auf anderen Gebieten zu kompensieren. Ich möchte sogar behaupten, dass sich eine gewisse Qualität unserer Bemühungen (nur) durch ein ständiges Auf- und Ab des Scheiterns und des Erfolgs und dem Daraus-Lernen begründen lässt.

Zur Person

Univ.-Prof. Mag. Dr. Sabine URNIK ist seit 2005 Professorin für Steuerlehre und Rechnungslegung am Fachbereich für Betriebswirtschaftslehre der Paris-Lodron-Universität Salzburg (PLUS), seit 2012 Vizedekanin der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie aktuell stellvertretende Leiterin des dortigen WissensNetzwerks Recht, Wirtschaft und Arbeitswelt. Seit 2016 unterstützt sie zudem als wissenschaftliche Koordinatorin des Universitätslehrgangs „Steuerrecht und Rechnungswesen“ an der Universität Wien sowie seit 2020 als wissenschaftliche Leiterin der Universitätslehrgänge der SMBS (Business School der Paris Lodron Universität Salzburg). Zentrale berufliche Mitgliedschaften finden sich in der Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST) sowie des Fachsenats für Steuerrecht der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Neben ihren Tätigkeiten als Vortragende in Universitätslehrgängen und Fachveranstaltungen, als Buchautorin und Verfasserin vieler Buch- und Zeitschriftenbeiträge ist sie zudem Mitglied im Universitätsrat der Johannes Kepler-Universität Linz und trägt Verantwortung als Aufsichtsrätin bzw Aufsichtsratsvorsitzende österreichischer Unternehmen.