Speziell Teamsport im Jugendalter fördert viele Fähigkeiten, die sich später positiv sowohl beruflich als auch privat auswirken. Teamfähigkeit, Disziplin, Leistungsbereitschaft, Umgang mit Rückschlägen sind nur einige von vielen Kompetenzen, die spielerisch erlernt werden.

Seit ca. 20 Jahren begleite ich Nachwuchsteams und bilde Spielerinnen für die höchsten Spielklassen aus. Dabei lege ich vor allem ein besonderes Augenmerk auf die persönliche Potenzialentwicklung der einzelnen Spielerinnen: Wo liegen ihre persönlichen Stärken? In welchen Bereichen muss sie sich noch wie verbessern, um den nächsten Schritt zu machen? Was sind ihre persönlichen Ambitionen und Ziele? Welche Rolle übernimmt sie im Team? Fragen, die man sich an entscheidenden Punkten der beruflichen Entwicklung auch immer wieder kritisch stellen kann.

Der zweite wesentliche Aspekt ist die Entwicklung eines tragfähigen Teamgefüges, dass allen Raum zur Entwicklung gibt. Trainer*innen werden dabei immer wieder nach ihrem Erfolgsrezept gefragt, und ich möchte versuchen, meine wichtigsten Erkenntnisse über all die Jahre im Leistungssport zu destillieren. Drei Dinge haben sich für mich in der Teamentwicklung herauskristallisiert, die man sicherlich auch auf andere Bereiche als den Teamsport anwenden kann. Ich nenne sie die 3 Cs: Common Goals, Continuity und C(K)atie Perry 😉

Common Goals

Teamsport definiert sich sehr stark über Zielarbeit und ist dabei auch sehr einfach gestrickt. Wer möchte nicht auf dem Sieger*innentreppchen ganz oben stehen? Hochgesteckte Ergebnisziele lassen sich rasch SMART formulieren, die Voraussetzungen, sie zu erreichen, relativ leicht identifizieren. Mit Tests wird der IST Zustand festgestellt und daraus ein Weg zum SOLL Zustand entwickelt. Laufende Wettkämpfe geben schonungsloses Feedback, wo man gerade steht.

Im Leben ist das mit Ergebniszielen oft nicht so einfach. In einer Welt voller Möglichkeiten, woher soll man wissen, was man wollen soll? Und auch im Sport sind Ergebnisziele oft zu kurz gegriffen. Selbstverständlich brauchen wir als Team eine Orientierung, wo wir hin wollen. Selbstverständlich wollen wir Meisterinnen werden. In Ergebniszielen steckt eine große Motivation und Antriebskraft. Doch wie viele entwickeln den perfekten Plan und scheitern dann doch kurz vor der Ziellinie? Ganz ehrlich, ich durfte einige wunderschöne Siege mit meinen Teams feiern, musste aber auch mindestens genauso viele bittere Niederlagen einstecken. Aus Niederlagen lernt man mehr, bekommt man dann zu hören. Ein schwacher Trost. Ja, wir müssen dorthin schauen, wo es weh tut, evaluieren und unsere Lehren daraus ziehen, und den Ehrgeiz erhalten, es immer besser machen zu wollen.

Prozessziele über Ergebnisziele

Dabei hilft es, das Augenmerk auf Prozessziele zu lenken. Wir müssen uns fragen, was wir abseits von Meisterinnen sein wollen. Was für ein Team wollen wir sein? Welche Werte sind uns wichtig? Wie gehen wir miteinander um?  Wohin wollen wir uns gemeinsam entwickeln – technisch, taktisch, athletisch, aber auch als Persönlichkeiten? Woran werden wir merken, dass wir einen Schritt weiter gekommen sind? Wie wollen wir spielen? Daraus lassen sich Prozessziele entwickeln. Der Fokus richtet sich auf uns selbst und was wir kontrollieren können, und nicht auf die Konkurrenz, nicht auf mögliche Medaillen. Jeder Schritt weiter ist ein Erfolg, das Ergebnis in Form einer Medaille nur eine weitere Folge davon.

Für Teams entwickeln wir also unterschiedliche Ziele: Individuelle, gemeinsame, Prozess- und Ergebnisziele. Sie geben uns Antrieb, Orientierung und Zusammenhalt. Und das Bewusstsein, dass wir es nur gemeinsam schaffen können.

Continuity

Ja es gibt sie, die großen Talente, die scheinbar mühelos an andere vorbei marschieren. Doch auch sie kommen irgendwann in ihrer Karriere an den Punkt, wo Talent allein zu wenig ist. Für ganz nach oben braucht es vor allem Kontinuität – das ständige Arbeiten an uns selbst. Dafür braucht es Durchhaltevermögen, Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft. Mit der Kontinuität kommt auch mehr und mehr Routine, die uns Effizienz und Selbstsicherheit gibt. Um auf Dauer Leistung bringen zu können, müssen wir lernen, die Belastung zu dosieren. Denn Überbelastungen führen rasch zu Erkrankungen und Verletzungen, die uns wiederum wertvolle Trainingszeit nehmen. Umgekehrt bringen uns zu vorsichtige Belastungen nicht weiter – wir müssen immer wieder raus aus unserer Komfortzone, um wachsen zu können.

C(K)aty Perry

Und schließlich: Wenn meine Mädels auf der Auswärtsfahrt im Bus lautstark zu Katy Perry grölen, weiß ich, alles ist gut. Stimmung ist essenziell in einem Team. Teams, die Spaß miteinander haben, haben ein besseres Zusammengehörigkeitsgefühl, fühlen sich gemeinsam stark, haben ein selbstbewussteres Auftreten und können mit Druck viel besser umgehen. Wenn es leise wird, sollte man besser anfangen, genau hinzuhören.

Über die Autorin

Evelyn Siebert verfolgte immer eine duale Karriere. Einerseits absolvierte sie ein Kommunikationsstudium und führt aktuell die externen Kommunikationsagenden im Business Frauen Center. Andererseits war sie jahrelang als Bundesligaspielerin aktiv und ist staatlich geprüfte Trainerin. Sie begleitet Nachwuchsspielerinnen im Volleyball von der Vereinsebene bis ins Nationalteam. Ihre Erkenntnisse aus dem Teamsport kombiniert mit einer Ausbildung zum systemischen Coach wendet sie auch in ihren Coachings im Frauenberufszentrum Kärnten an.