Als ich vor einigen Jahren, nach längerer künstlerischer Pause, wieder eine Kollektion präsentierte, kam eine sehr elegante Dame auf mich zu. Ihre Erscheinung war außerordentlich, extravagant, doch stilvoll und sie hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir. Was sie mir mit ihrer rauchigen Stimme sagte, war noch wirkungsvoller: „Keep on being different. Your courage will be rewarded.“

Diese Worte sind zu meinem Mantra geworden – ob in der Rolle als Unternehmerin oder als kreative Designerin.

Die Wurzeln der Modeleidenschaft

Mein Interesse für Mode begann, durch meine Mutter beeinflusst, schon in meiner Kindheit. Ihr rebellischer Charakter gepaart mit einem Faible für italienische Mode sorgte für Aufruhr und verdrehte Köpfe in unserer Kleinstadt. Ich fand das großartig! Schon damals erkannte ich, dass Kleidung ein vergnügliches Mittel ist, um seine Persönlichkeit zu unterstreichen und sich zu positionieren.

Die Lehrjahre und Herausforderungen

Meine Kreativität und mein Wunsch, Mode zu machen, wurden somit glücklicherweise schon früh gefördert. In meiner Ausbildung in Mode-, Textil und Schuhdesign lernte ich das Handwerk sozusagen von der Pike auf und tobte mich kreativ aus. Nach dem Diplom als Jahrgangsbeste und der Mitarbeit in einem Wiener Modebetrieb war ich bereit, mein eigenes Label zur gründen – so dachte ich zumindest.

Heute kann ich sagen, dass der Mut groß war, aber die Mittel leider knapp. Denn in der Schule lernt man zwar, wie man eine Kollektion entwickelt, jedoch nicht wie man ein Unternehmen führt. Mit kleinem Budget, einer kleinen Förderung und einem Businessplan, der sich schnell als unrealistisch herausstellte, fing ich beherzt an.

Einige teure Messeteilnahmen und unnötig große Produktionen später war die Luft tatsächlich raus und ich war ratlos. Ich hatte keine Ahnung mehr, ob meine Designs kommerziell oder Avantgarde sein sollten, wer meine Zielgruppe war, wie ich mich mit meinem Label überhaupt positionieren soll.

Alle Nischen, vom 50-er Look bis Tracht, waren schon besetzt und ich hatte auch keine Lust auf denselben Zug aufzuspringen. Schweren Herzens verordnete ich mir selbst eine Zwangspause, um mich wieder zu sammeln und neu zu beginnen – diesmal mit kühlem Kopf und dem Wissen, wie man es nicht macht.

Glücklicherweise kam die eingangs erwähnte Dame gerade zum richtigen Zeitpunkt in mein Leben. Der Satz mit dem Mut und dem anders sein, blieb bei mir hängen. Vor allem die Aussicht auf Belohnung.

Die erfolgreiche Neuausrichtung

Als ich vor fünf Jahren entschied, von Wien nach Kärnten zurückzugehen und eine kleine Boutique am Wörthersee aufzumachen, hielten mich alle für verrückt. Wien ist nicht gerade eine Modemetropole, aber Kärnten?! Dieser mutige Schritt entpuppte sich jedoch als die beste Entscheidung für mich und mein Unternehmen. Zum ersten Mal konnte ich Kundinnen erreichen, die mich in Wien nie wahrgenommen haben, da ich mein Geschäft nicht im „richtigen“ Bezirk hatte. Hier am Wörthersee machen potenzielle Kundinnen jedoch Urlaub, haben ihren Zweitwohnsitz, möchten sich etwas gönnen und sind entspannt. Und auch die Kärntnerinnen sind ganz tolle Kundinnen, die außergewöhnliche Mode durchaus schätzen und einen guten Geschmack haben. So konnte ich in kurzer Zeit einen treuen Kundenkreis aufbauen.

Was meine Kollektionen betrifft, habe ich aufgrund all meiner Erfahrungen über die Jahre meine eigene Handschrift entwickelt. Mein Stil ist alltagstauglich, jedoch mit einem gewissen Twist. Mit den passenden Accessoires kombiniert, kann man viele Stücke von casual bis elegant tragen. Auffällige Muster ziehen sich als roter Faden durch. Das macht meine Kleidungsstücke besonders und auch die Kundinnen, die sie tragen. Ich richte mich selten nach Trends, erkenne jedoch immer wieder, dass ich intuitiv mit meinen Modellen der Zeit voraus bin.

Herausforderungen und Kreativität in der Modebranche

Wenn man, so wie ich, im ständigen Austausch mit Kundinnen ist, ist man versucht, eine kommerzielle Kollektion zu machen, um möglichst viel zu verkaufen. Mein Anspruch ist jedoch, Unkonventionelles zu designen und mit jeder neuen Kollektion zu überraschen. Ich entwerfe immer für eine fiktive Frau, die genau den Modemut besitzt, um alles mit einer gewissen Nonchalance zu tragen. So kann ich unbeschwert meine Modelle entwickeln und meiner Kreativität freien Lauf lassen. Die Kundin, die es kleiden wird, kommt ganz bestimmt.

Der Mut, nicht auf Nummer sicher zu spielen, sondern mit Andersartigkeit zu punkten, wird auf jeden Fall belohnt.

Das ist auch etwas, was ich meinen Kundinnen- und Ihnen – gerne mitgebe. Manchmal höre ich Sätze wie:

„Ich habe doch keine Gelegenheiten das zu tragen“ oder „Gefallen würde es mir schon, aber in unserem Ort, in meiner Arbeit, etc. kann ich sowas ja nicht anziehen.“ Ganz im Gegenteil! Mode macht dann Spaß, vor allem, wenn man sich von der Masse abhebt.

Der persönliche Stil als Inspirationsquelle

Ich selbst möchte mit meinem persönlichen Stil Inspiration für meine Kundinnen sein.

Gerne mixe ich Neues mit Vintage, setze auf auffallenden Modeschmuck und liebe Hüte und Turbane. Ich trage den zu großen Hosenanzug vom Großvater, kombiniere Leo Stiefeletten zu einem Neon-Stepprock, der mein Hinterteil garantiert breiter macht, als es ist. Ein elegantes Kleid wird mit der Bikerjacke alltagstauglich, ein Businessanzug mit den Sneakers cool. So schafft man sich auch genügend Gelegenheiten für ein tolles Outfit, selbst wenn man nur zum Einkaufen geht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – so ist das auch in der Mode. Wenn Sie Ihren Stil gefunden haben, darf ich Ihnen gratulieren. Doch kommen Sie mal aus Ihrer Komfortzone heraus und überraschen mit einem neuen Look. Pfeifen Sie auf das, was Leute vielleicht sagen könnten, wie schon meine Mutter in den 80ern. Sie werden sehen, die Komplimente werden kommen und Sie bleiben noch besser in Erinnerung. Denn MODEmut wird belohnt.

Über die Autorin

Gina Drewes ist Gründerin des Modelabels „Gina Drewes“ und des „Monkey on my Shoulder”. Sie hat im Laufe ihrer Karriere nicht nur diese beiden erfolgreichen Modelabels ins Leben gerufen, sondern auch eine Vielzahl von Tätigkeiten und Schwerpunkten entwickelt: Sie betreibt eigene Boutiquen in Pörtschach und Velden, und ihre Kollektionen sind auch online erhältlich.