Es gibt bereits viele Beiträge und Anregungen, was Unternehmen und politische Entscheidungsträger tun könnten, um mehr Frauen in den Technologiesektor zu integrieren. Im folgenden Artikel möchte ich jedoch meine Gedanken erläutern, was die einzelne Frau selbst tun kann, um erfolgreich in diesen (immer noch) männerdominierten Sektor einzusteigen. Ich sage nicht, dass der Technologiesektor für jede Frau die richtige Wahl ist. Aber ich hoffe, dass ich durch das Teilen meiner eigenen Erfahrungen mehr junge Frauen dazu bewegen kann, ihre Karrieren selbst in die Hand zu nehmen.

1. Lerne mit unangenehmen Situationen umzugehen

„Raus aus deiner Komfortzone!“, ist immer leichter gesagt als getan. Jedoch sind die Leute, die mit solchen Sprüchen um sich werfen, sehr selten auch diejenigen, die das Gesagte umsetzen. Seitdem ich meine Heimat Estland im Jahre 2013 verlassen habe, durfte ich in den USA und Österreich studieren und ich entschied mich ebenfalls dazu, mein eigenes Unternehmen zu gründen, anstatt einen Job bei Google anzunehmen. Allerdings war meine Reise nicht nur aufregend und abenteuerlich, sondern auch schmerzhaft und unbequem. Sehr schmerzhaft, um ehrlich zu sein. Doch sie hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Rückblickend würde ich vieles anders machen und manche Entscheidungen nochmals überdenken. Aber in den letzten 10 Jahren musste ich mich immer wieder aufs Neue in unangenehme und unbekannte Situationen begeben und diese meistern. 

Doch warum sehe ich genau dies als wichtigen Bestandteil meiner Karriere an? Weil manche Menschen Frauen als risikoscheuer und zurückhaltender als ihre männlichen Kollegen ansehen. Und daraus schlussfolgern sie, dass Frauen für Karrierepositionen, die Verantwortung und Risiko mit sich bringen, nicht in Betracht gezogen werden sollten. Wenn du aber proaktiv nach Herausforderungen suchst, lernst du immer wieder, wie du Situationen mit Risiken meistern kannst, und zeigst auch den (männlichen) Kollegen, dass du bereit bist Wagnisse einzugehen und den damit verbundenen Druck auszuhalten. 

2. Arbeite stetig an dir selbst – es ist das Einzige was du wirklich unabhängig kontrollieren kannst 

Letztendlich ist das, was andere Leute denken, weitaus unwichtiger als dein eigener Antrieb, erfolgreich zu sein. Das Einzige, was du wirklich beeinflussen oder ändern kannst, ist die Person, die du jeden Tag im Spiegel siehst. Eine meiner wichtigsten Fähigkeiten, an der ich immer noch tagtäglich arbeite, ist emotionale Intelligenz. Sie fehlt in der Technologiebranche oft und kann eine echte Stärke sein, wenn du weißt, wie du mit ihr umgehen kannst. Man sagt ja oft, dass es für Frauen grundsätzlich leichter ist, sich in Mitarbeiter hineinzuversetzen und bestimmte Situationen aus anderen Augen zu sehen und zu verstehen. Obgleich dies nun stimmt oder nicht – ich bin der Meinung, dass gerade in der Technologiebranche, die so facettenreich ist und in der du mit so vielen unterschiedlichen Menschen aus den verschiedensten Berufsgruppen und Kulturen zusammenarbeiten musst, ausgeprägte emotionale Intelligenz ein unglaubliches „Karrieresprungbrett“ sein kann.

3. Lerne deine Umgebung kennen

Technologieunternehmen sind in der Regel auf Produktentwicklung ausgerichtet. Dies erfordert im Gegenzug zum klassischen Marketing und Vertrieb eine eigene Denk- und Handlungsweise. Meine Herausforderung besteht daher oft darin, durch aktives Zuhören meine Kollegen oder Kunden ganz genau zu verstehen, um dann richtig mit ihnen zu kommunizieren. Des Weiteren versuche ich stets, mich in die Rolle meines Gegenübers zu versetzen. Du musst die Arbeitsweise des Umfelds, in dem du arbeitest, verstehen und dich daran anpassen, ohne dabei deine Authentizität zu verlieren. Wie bereits erwähnt, sind Frauen aufgrund der häufig stark ausgeprägten Soft Skills in der Technologiebranche erfolgreich, das Marketing und den Vertrieb beispielsweise mitzugestalten.

4. Akzeptiere, dass Schwierigkeiten nie wirklich verschwinden

Ich habe auf meinem Weg viele Herausforderungen bewältigt – sei es die Fremdsprache, fehlende Kontakte oder Branchenkenntnisse. Deine Hürden werden höchstwahrscheinlich anders sein und wahrscheinlich nicht allein darauf beruhen, dass du eine Frau in der Technologiebranche bist. Was ich gelernt habe – und das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer – ist, sich daran zu erinnern, dass du umso mehr verstehen musst, dass Probleme nie wirklich verschwinden. Nur deine Wahrnehmung von ihnen ändert sich. Ich habe mir beigebracht, Herausforderungen so rational wie möglich zu betrachten und nach dem Mantra „action kills anxiety“ zu leben. Nicht zu entscheiden oder zu handeln ist der größte Fehler und macht Herausforderungen zu Problemen. Du wirst Fehler machen und Rückschläge erleiden – sowohl faire als auch unfaire –, aber letztendlich wirst du Erfolg haben, wenn du Vertrauen in deine Fähigkeiten hast und entschlossen handelst.

Über die Autorin

Grete Ling, MSc, ist Marketingleiterin bei SplitMetrics, einem globalen Softwareunternehmen, das eine Vielzahl von digitalen Produkten für Unternehmen mit Apps anbietet. Grete stammt ursprünglich aus Estland und hat seit 2013 unter anderem in Österreich, den USA, Irland, Deutschland und Frankreich gelebt und gearbeitet, bevor sie Ende 2023 nach Kärnten zurückkehrt. Grete engagiert sich dafür, neue Unternehmen in Kärnten zu unterstützen, um gemeinsam mehr Probleme zu lösen.