Jede*r Österreicher*in hinterlässt im Jahr 488 Kilo Müll[1], jeder fünfte Baum wird für die Papiererzeugung verwendet[2], im Meer schwimmt bereits mehr Plastik als Plankton[3].  In diesem Jahr werden wir die Ressourcen (Rohstoffe und Emissionskapazitäten), die uns auf der Erde für ein Jahr zur Verfügung stehen, am 28. Juli[4] aufgebraucht haben. Ab dann leben wir auf Kredit. Würden alle so leben wie wir hier in Österreich, hätten wir den Welterschöpfungstag mit 6. April bereits lange hinter uns. Wir bestehlen also künftige Generationen und hinterlassen ihnen Probleme, die wir heute teilweise noch gar nicht kennen. Die Herausforderungen scheinen übermächtig und vielleicht fällt es uns deshalb so schwer, etwas zu ändern.

Klimawandel und Umweltzerstörung als Systemproblem

Machen wir uns nichts vor: Die Klimakrise ist kein individuelles Problem, sondern vor allem ein strukturelles. Bio-Lebensmittel kosten mehr als konventionell erzeugte, Konsumartikel sind nicht ohne aufwändige Verpackung zu bekommen und undurchsichtige Lieferketten ermöglichen Greenwashing im großen Stil. Lassen wir uns also nicht einreden, nur wir als Konsument*innen seien in der Verantwortung! Alltagspraktiken wie Zero Waste können aber einen wichtigen Beitrag leisten. So liegen etwa Berechnungen vor, dass 20 Prozent der Emissionen, die die EU für das Ziel Netto-Null-Treibhausgasemissionen im Jahr 2050 einsparen müsste, durch individuelle Verhaltensänderungen erreicht werden könnten (Costa et al./2021).

Aktiv werden gegen die Klimaangst

Unseren Lifestyle eins zu eins in eine „grüne“ Variante zu übersetzen, wird dabei nicht reichen. Wir müssen grundlegend umdenken: unser Dasein stärker an Beziehungen als an Besitz ausrichten, auf Qualität statt auf Masse setzen, weniger kaufen und weniger wegwerfen, kurz: unseren Alltag an den Ressourcen unseres Planeten bemessen. Selbst aktiv zu werden, hilft dabei nicht nur dem Klima, sondern auch uns selbst – etwa gegen Klimaangst, ein psychologisches Phänomen, durch das sich immer mehr (vor allem junge) Menschen belastet fühlen (Panu/2020). Ängste, Depressionen oder das drückende Gefühl von Überforderung gehen damit einher. Mit Engagement kann der Klimaangst begegnet werden. Unser Konsumverhalten wäre dafür ein guter Startpunkt: 20 Prozent aller Kleidungsstücke werden niemals getragen 1,5 Milliarden Plastikflaschen fallen jedes Jahr allein in Österreich an[5] und rund ein Drittel aller Lebensmittel landet ungenutzt im Müll, während mehr als 800 Millionen Menschen hungern[6].

  • refuse: Brauche ich etwas wirklich oder kann ich auch ohne gut dieses Produkt leben? Der nachhaltigste Kauf ist immer der, der nicht stattfindet!
  • Reduce, oder das Prinzip Suffizienz: Wie viel von etwas benötige ich? Minimalismus kann so erleichternd sein!
  • reuse: Alles, was möglichst lange in Gebrauch ist, spart Ressourcen. Seit „Second Hand“ „Vintage“ heißt, ist Weiterverwenden zum Trend geworden.
  • repair: Hand auf’s Herz: Wann haben Sie zuletzt ein Kleidungsstück zur Schneiderin oder Schuhe zum Schuster gebracht? Wer kann heute eigentlich noch Socken stopfen? Und ja, es gibt noch Handys, bei denen man selbst den Akku wechseln kann.
  • recycle: Wenn schon entsorgen, dann bitte richtig! Allerdings bedeutet Recycling immer auch einen hohen Energieaufwand. Besser ist der DIY-Ansatz: Aus dem alten Shirt wird Garn, der Kaffeesatz wird zum Körperpeeling, das Gurkenglas zur Vase.
  • rot: Am wenigsten Probleme macht Müll, der (im eigenen Garten oder in der Wurmkiste am Balkon) kompostiert werden kann.

Jeder Schritt zählt

Während ich diesen Text verfasse, entdecke ich im Kühlschrank verfaulte Zucchini, stelle den viel zu vollen gelben Sack vor das Haus und erledige aus Zeitmangel den Wocheneinkauf einfach im Supermarkt, Berge von Einwegverpackungen inklusive. Wie kann also gerade ich über ressourcenschonendes Alltagsverhalten schreiben, wo ich doch selbst kein perfektes Vorbild abgebe? Ich denke, es kommt nicht darauf an, fehlerfrei zu sein. Was zählt, ist die Bereitschaft, vermeintlich Normales zu hinterfragen, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich auf Neues einzulassen. Klimaschädliche Alltagspraktiken grundlegend zu verändern, kostet Energie, Zeit und manchmal auch Geld. Rückschläge und Momente vermeintlichen Versagens gehören dazu, aber auch Freude an neue Möglichkeiten und kleinen Erfolgen. Ich möchte Mut machen, den Wandel im eigenen Leben endlich in Angriff zu nehmen. Weil wir für künftige Generationen Verantwortung tragen und uns langsam die Zeit davonläuft. Weil Aktivität das beste Mittel gegen Klimaangst ist. Weil ein Mindshift irgendwo beginnen muss. Weil es einfacher wird, wenn man erst einmal angefangen hat.

Inspiration für Zero Waste Living:

https://www.zerowasteaustria.at
https://www.umweltberatung.at/
https://utopia.de
https://www.smarticular.net
https://plastikfrei.at

Über die Autorin

Die ehemalige ORF-Redakteurin Ursula Mikosch ist selbstständige Kommunikationstrainerin, Moderatorin, Journalistin, Texterin und Werbesprecherin. Im Zuge eines berufsbegleitenden Studiums hat sie begonnen, sich intensiv mit Klimawandel, Nachhaltigkeits-Kommunikation und ökosozialer Transformation zu beschäftigen. Ihr Wissen und ihre persönlichen Erfahrungen vermittelt sie in ihrer journalistischen Arbeit und in verschiedenen pädagogischen Angeboten: „Zugegeben: Der Klimawandel und seine Folgen machen mir Sorgen, und angesichts der Tatsache, dass wir noch immer nicht adäquat auf diese Bedrohungen reagieren, fühle ich mich manchmal hilflos und ungeduldig. Trotzdem versuche ich, optimistisch zu bleiben und setze in meiner Arbeit auf Lebensfreude und das Erkunden neuer Wege und Möglichkeiten. Unseren schnellen und ressourcenintensiven Lebensstil zu verändern, empfinde ich dabei nicht als Verzicht. Ich sehe die notwendigen Veränderungen vielmehr als Chance auf mehr Lebensqualität. Das möchte ich auch so weitergeben.“


Quellenangabe

[1] https://www.global2000.at/themen/muell (Stand: 12.6.2022)

[2] Abramovitz & Mattoon/1999

[3] ebd.

[4] https://www.overshootday.org/ Stand: 13.6.2022)

[5] www.greenpeace.at (Stand: 12.6.2022)

[6] https://www.welthungerhilfe.de/lebensmittelverschwendung/ (Stand: 20.6.2022)